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{"id":670,"date":"2005-07-13T00:49:05","date_gmt":"2005-07-12T23:49:05","guid":{"rendered":"http:\/\/blog.rap2soul.de\/2005\/07\/13\/amerie-interview-am-15-juni-2005-in-berlin\/"},"modified":"2008-03-26T00:53:48","modified_gmt":"2008-03-25T23:53:48","slug":"amerie-interview-am-15-juni-2005-in-berlin","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/umzug.radiohelden.de\/2005\/07\/amerie-interview-am-15-juni-2005-in-berlin\/","title":{"rendered":"Amerie – Interview am 15. Juni 2005 in Berlin"},"content":{"rendered":"

rap2soul:<\/strong> Wieso liegen fast drei Jahre Abstand zwischen Deinem Deb\u00fct und dem zweitem Album?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Diese lange Pause war nicht beabsichtigt. Sie entstand, weil ich, unmittelbar nachdem das Album fertig war, auf Tour ging und kurz darauf das Angebot bekam, eine Fernseh-Show zu machen. Das tat ich und bekam gleich im Anschluss ein Filmangebot. Im Film \u201eFirst Daughter\u201c von Regisseur Forest Whitaker habe ich neben Katie Holmes und Michael Keaton gespielt. Danach habe ich anderthalb Jahre am neuen Album gearbeitet. Es hat also etwas l\u00e4nger gedauert, war aber, wie gesagt, nicht beabsichtigt.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Wo siehst Du entscheidende Unterschiede zwischen Deinem Deb\u00fct und \u201eTouch\u201c?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Nach dem ersten Album hatten alle von mir den Eindruck der \u201enetten, sch\u00f6nen Frau\u201c. Sicher, das ist ein Teil von mir, aber eben nicht alles. Deshalb wollte ich diesmal etwas mehr von mir zeigen. Ich hoffe, dass dieses Album gut ankommt. Ich auf jeden Fall liebe es. Zugegeben, das sagt jeder K\u00fcnstler, auch wenn nicht jeder es wirklich so meint. Ich aber meine es ehrlich, weil ich das Gef\u00fchl habe, dass es im Gegensatz zum ersten Album mehr von mir zeigt. Ich glaube, es repr\u00e4sentiert mich wirklich. Wenn man es live spielt, sp\u00fcrt man das noch viel deutlicher.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Was genau meinst Du mit der \u201canderen Seite\u201d von Dir, die Dein zweites Album zeigt?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Feiern zu k\u00f6nnen, Spa\u00df zu haben, Energie und mehr Tempo. Beim ersten Album h\u00f6rte ich h\u00e4ufig, das Album sei gut, aber ich sei ja in Wirklichkeit ganz anders, viel lebendiger. Auf dem Album wirkte ich so ernst. Stimmt schon, aber man sah eben nur diese eine Seite von mir. Ernsthaft bin ich vor allem im Privatleben, wenn ich allein oder mit guten Freunden zusammen bin. Aber ich kann auch sehr aus mir rausgehen. Und ich denke, dass dieses Album das mit seiner Energie vermittelt. Dass ich eben auch eine andere Seite habe. Ich denke, dieses Album spiegelt meine Pers\u00f6nlichkeit besser wieder.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> F\u00fchltest Du Dich beim zweiten Album unter Druck gesetzt durch den Erfolg Deines Deb\u00fcts?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Offen gesagt empfand ich keinen Druck. Ich hatte beim ersten Album das Gef\u00fchl, dass da noch viel Raum f\u00fcr Wachstum ist. Irgendwie hatte ich da nur an der Oberfl\u00e4che gekratzt. Es gab aber noch so vieles mehr zu erz\u00e4hlen. Deshalb stand ich nicht vor der Frage: und was mache ich jetzt? Es war nur eine andere Herangehensweise. Ich wusste genau, was ich wollte, in punkto Musik, Texte und so weiter.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Warum hast Du bei \u201eTouch\u201c die Rolle der Executive-Produzentin \u00fcbernommen?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Weil ich wollte, dass mich dieses Album wirklich repr\u00e4sentiert. Deshalb habe ich die A&R Arbeit \u00fcbernommen, gemeinsam mit Lenny und daf\u00fcr gesorgt, das alles gut l\u00e4uft und ich in jeden Arbeitsschritt involviert bin, bis hin zu den Videos. Das war mir wichtig, weil ich eine klare Vorstellung davon habe, wie es klingen und aussehen soll. Selbst mein Outfit auf dem Cover entstand nach einem Schnittmuster, das ich in einem gro\u00dfen Modemagazin gesehen hatte und so klasse fand, dass ich es unbedingt haben wollte.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Was kannst Du zu Deinem Deb\u00fct als Schauspielerin im Film \u201cFirst Daughter\u201d sagen?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Das war klasse. Es ist schon lustig, hier l\u00e4uft gerade \u201eBatman Returns\u201c an, und in meinem ersten Film habe ich an der Seite von Katie Holmes gespielt. Es war gro\u00dfartig, ich hatte keine Angst, es war ja mein erster Film. Niemand erwartete etwas von mir. Nat\u00fcrlich war ich bei den Proben und so weiter. Aber es einfach ein gro\u00dfer Spa\u00df. Inzwischen mache ich mir viel mehr Sorgen, wenn ich an den n\u00e4chsten Film denke. Denn alle waren ziemlich begeistert von mir und werden beim n\u00e4chsten Mal nat\u00fcrlich viel mehr aufpassen, was ich mache. Insofern kann ich auch die \u00c4ngste verstehen, die man beim zweiten Album hat. Ich hingegen hatte das Gef\u00fchl, dass ich noch viel zu sagen habe. Der Film hat Spa\u00df gemacht, ich habe mit Michael Keaton gearbeitet und viel von ihm gelernt. Da ich keine Erwartungen hatte, war es ein gro\u00dfer Spa\u00df. Aber jetzt, wo man etwas von mir erwartet, ist das schon be\u00e4ngstigend.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Fernsehen, Schauspielerei, Gesang, Komponieren, Produzieren \u2013 wie schaffst Du es, so vielseitig zu sein?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Danke sch\u00f6n. Klingt ja so, als w\u00e4re das alles riesig. Ich wei\u00df nicht, aber wahrscheinlich sind die meisten kreativen Menschen so. Ich kenne viele K\u00fcnstler, die singen, rappen oder irgendein Instrument spielen und oft auch zeichnen. Ich zum Beispiel zeichne. Andere Leute malen. Oder Maler spielen ein Instrument. Jede Art von Kreativit\u00e4t scheint aus einer Quelle zu entspringen. Sie zeigt sich nur auf unterschiedliche Weise. Aber ich glaube, im Grunde ist es ein und dasselbe.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Klingt aber auch, als w\u00e4re Dein Leben voller Termine \u2026<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Es kann manchmal recht anstrengend sein. Aber es geht doch darum, sein Ziel zu erreichen und dabei auf eigenen F\u00fc\u00dfen zu stehen. Nat\u00fcrlich kannst du dich zur\u00fccklehnen und das alles anderen Leuten \u00fcberlassen. Aber dann hast du weiniger Kontrolle dar\u00fcber. Mehr Kontrolle bedeutet mehr Verantwortung, Stress und Verpflichtungen. Ich bin viel zu sehr ein Kontroll-Freak, als dass ich diese Dinge aus der Hand geben w\u00fcrde.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Wie steht es mit Deinem Privatleben? Bleibt Zeit f\u00fcr einen Freund?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Ich spreche eigentlich nicht gerne \u00fcber mein Privatleben, aber ich denke, dass selbst bei viel Arbeit Zeit bleiben sollte f\u00fcr einen besonderen Menschen. Manchmal ist das schwer. Wie gesagt, ich komme h\u00e4ufig nicht einmal zum Essen. Bei meinem letzten Projekt hatte ich ein bisschen zugenommen, nicht viel, nur ein Kleidergr\u00f6\u00dfe. Ich wog 100 Pfund, keine Ahnung, wie viel Kilo das sind. Ein klasse Gewicht. Aber dann verschwand alles wieder. Ich muss aufpassen, dass ich genug esse, sonst verschwinde ich noch. Ich will nicht aussehen wie so ein Spazierstock. Ich mag Kurven. Aber das wird schon, ich muss halt einfach etwas essen.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Was kannst Du zur Zusammenarbeit mit Rich Harrisson, Deinem Produzenten, sagen?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Nun, unser Verh\u00e4ltnis ist gro\u00dfartig. Wir arbeiten sehr gut zusammen. Egal wie lange wir gemeinsam im Studio sind, und meist ist das gar nicht so lange, k\u00f6nnen wir beim n\u00e4chsten Mal genau da weitermachen, wo wir aufgeh\u00f6rt haben. Wir haben sehr \u00e4hnliche Vorstellungen wenn es um Arrangements etc. geht. Wir m\u00fcssen einander nicht viel erkl\u00e4ren, weil wir meist wissen, was der andere denkt.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Wie war die Arbeit mit Lenny Nicholson, Deinem Produktionspartner?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Ich habe anderthalb Jahre am Album gearbeitet. Zwischendurch war ich mehrfach in Miami. Lenny arbeitete zu der Zeit mit Nas und half ihm beim Album \u201eStillmatic\u201c und allem, was danach kam. Kelis tauchte ab und zu auf. Ich beobachtete, was im Studio vor sich ging. Mir gef\u00e4llt, wie Rapper an die Arbeit gehen. Bei S\u00e4ngerinnen denken alle immer, wir br\u00e4uchten jemand, der uns leitet. Man gibt uns gar nicht erst eine Chance, nur weil wir Frauen sind. Abgesehen davon, dass ich mir nicht gerne sagen lasse, was ich zu tun habe oder nicht, bedeutet es noch lange nicht, dass ich mein eigenes Album nicht produzieren kann, nur weil ich eine Frau bin. Also habe ich Nas bei der Arbeit beobachtet, der meist mit seinem Toningenieur da war. Er arbeitet oft nur mit ein oder zwei Personen eng zusammen und nutzt verschiedene Produzenten. Ist kein Produzent dabei, erledigt er den Job selbst. Diese Selbstst\u00e4ndigkeit gef\u00e4llt mir. Ihm redet keiner rein, er macht sein eigenes Ding und folgt dabei seinem Gef\u00fchl. Es ist n\u00e4mlich nicht leicht, sich konzentrieren, wenn dir andauernd jemand Ratschl\u00e4ge gibt. Man muss sich \u00f6ffnen, auch Fehler zulassen, um diese selbst zu beheben. F\u00fcr mich war klar: so m\u00f6chte ich mein Album machen. Rich und ich sind alte Freunde, wir vertrauen uns und arbeiten gut zusammen. Viele der Songs, die ohne seine Mitarbeit entstanden, habe ich selbst gemacht. Von ein paar Ausnahmen abgesehen, waren nur Lenny, der Toningenieur und ich im Studio. Ein wunderbares Arbeiten. Rappern redet man selten in die Arbeit, Frauen aber bekommen dauernd gesagt, was sie tun sollen. Ich bin oft auf Widerstand gesto\u00dfen, wenn ich anderer Meinung war. Schon seltsam, dass diese Haltung noch immer existiert.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Werden S\u00e4ngerinnen noch immer bevormundet?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Ja, aber es gibt auch eine Menge starker Frauen, die genau wissen, was sie wollen und das auch tun, etwa Beyonce, Alicia Keys, Missy, Lauryn Hill.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Beyonc\u00e9, Alicia, Missy \u2013 siehst Du sie als Konkurrentinnen oder Kolleginnen?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Sie sind eher Kolleginnen. Nat\u00fcrlich gibt es in jeder Branche Wettbewerb, das liegt in der Natur der Sache, egal ob man CDs, Telefone, Kopierer oder Autos verkauft. Bei Kunst ist das aber vielleicht ein bisschen anders. Ich mag dieses Gemeinschaftsgef\u00fchl unter K\u00fcnstlern. Es ist klasse, wenn man seine Erfahrungen mit anderen K\u00fcnstlern austauschen kann, insbesondere K\u00fcnstlerinnen, die \u00e4hnliches erlebt haben. Man unterst\u00fctzt sich gewisserma\u00dfen gegenseitig.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Stimmt es, dass Du schon als Kind S\u00e4ngerin werden wolltest?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Ich wusste immer schon, dass ich S\u00e4ngerin werden wollte. Als Kind allerdings wollte ich auch Arch\u00e4ologin, Polizistin, Detektiv, Autorin, Rechtsanw\u00e4ltin und Lehrerin werden. Ich war nicht das typische K\u00fcnstlerkind, das von seinen Eltern in den Beruf gedr\u00e4ngt wird. Meine Eltern waren vielmehr um meine Bildung bem\u00fcht. Ich habe hier und da ein paar Talentwettbewerbe mitgemacht, wurde aber nie dazu gedr\u00e4ngt. W\u00e4hrend des College merkten meine Eltern, dass es f\u00fcr mich mehr als nur ein Hobby war. Als ich ihnen gestand, dass ich professionell singen will, waren sie zun\u00e4chst besorgt. Sie sahen, dass ich es ernst meine, wussten aber auch, dass nicht jeder es schafft und wollten mir diese Entt\u00e4uschung ersparen. Au\u00dferdem hatte ich gute Noten und sollte weiter studieren. Aber dann sahen sie, dass es funktioniert. Seitdem sind sie meine gr\u00f6\u00dften Unterst\u00fctzer. Schon verr\u00fcckt, immerhin kannte ich niemanden in der Musikbranche. Mein Vater meinte, ich h\u00e4tte entweder gro\u00dfes Gottvertrauen oder sei einfach naiv. Das war schon in der Schule so. Ich habe zum Beispiel nie einen Lebenslauf verfasst, weil ich irgendwie nie daran glaubte, dass es mit meinen Pl\u00e4nen nicht klappen k\u00f6nnte. Es war weniger das Vertrauen in Gott, ich war da einfach ziemlich dumm. Deshalb rate ich heute jedem, sich um einen Lebenslauf zu k\u00fcmmern. Man kann nie wissen.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Dein Vater war bei der US-Army. Du musstest als Kind oft umziehen. Wie hat Dich das gepr\u00e4gt?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Ich war sehr extrovertiert, weil wir so oft umzogen. Das hat einen Teil meiner Pers\u00f6nlichkeit gepr\u00e4gt. Aber mir hat das h\u00e4ufige Umziehen auch gefallen, denn auf diese Weise wurde es nie langweilig. Ich habe sogar eine Zeit lang in Deutschland gelebt, f\u00fcr dreieinhalb Jahre in der N\u00e4he von Butzbach. Mein Vater war in Butzbach stationiert, in der N\u00e4he von Gie\u00dfen. Wir lebten aber nicht auf der Base, sondern in einem sehr kleinen Ort namens Dorf G\u00fcll. Den Namen hatte ich fast f\u00fcnfzehn Jahre lang vergessen, er ist mir gerade wieder eingefallen. Es war eine sch\u00f6ne Zeit. Wir hatten t\u00e4glich Deutschunterricht und ich mochte Br\u00f6tchen sehr gerne. Eine tolle Erfahrung. In Amerika k\u00f6nnen nur wenige Kinder so viel reisen, es sei denn ihre Eltern haben einen entsprechenden Beruf oder sind beim Milit\u00e4r. Es erweitert deinen Horizont. F\u00fcr mich ist es immer wieder etwas Besonderes, nach Deutschland zur\u00fcckzukehren, weil ich so viele Erinnerungen damit verbinde.<\/p>\n

rap2soul:<\/strong> Wie sehen Deine Zukunftspl\u00e4ne aus in punkto Familie und Kinder?<\/p>\n

Amerie:<\/strong> Oh, daf\u00fcr ist noch viel Zeit. Ich hab mir immer gesagt, mit drei\u00dfig Jahren kann ich heiraten und Kinder haben. Oder mit zweiunddrei\u00dfig, oder sechsunddrei\u00dfig. Oder geht das vielleicht noch mit vierzig? Inzwischen denke ich nicht mehr dar\u00fcber nach. Wenn es passiert, ist es gut so. Bis zu meinem ersten Album, verlief mein Leben immer sehr nach Plan. Ich war schon in der Schule so, musste immer alles genau planen, bevor ich etwas tat. Mein ganzes Leben war sehr organisiert. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass man sich ab und zu auch mal treiben lassen muss, flexibel sein muss, die Richtung \u00e4ndern muss, denn man kann nicht alles kontrollieren. Deshalb, warten wir es ab.<\/p>\n

Interview gef\u00fchrt von SONY BMG – Berlin 15. Juni 2005<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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